Knüppelbrücke oder Hohe Brücke
Die aus rohen Stämmen und Ästen gezimmerten Brücken des Parks verwiesen auf die natürlichen Ursprünge der Architektur. Unter der Hohen Brücke fuhren zunächst die Heuwagen und zu Zeiten von Martin Johan Jenisch die Pferdekutschen mit dem königlichen Besuch. Die in den 1930er Jahren abgerissene Brücke wurde 1997 nachgebaut.
„Natur-und Kunstgenuß zugleich“ war Caspar Voghts Gestaltungs-Grundsatz für den Süderpark mit seinem bewegten Gelände, den weiten Wiesen, dem bewaldeten Geesthang und dem mäandrierenden Bachlauf, der Elbe.
Sein Ziel:“Jeder dieser Landschaften den Charakter abzulauschen, den die Natur ihr verlieh, diesen mit schüchterner Hand auszubilden und dem Betrachter zu verdeutlichen.“ So gestaltete Voght das „Holt“ auf dem Geestrücken oberhalb der Flottbek-Niederung als LEHRPFAD ÜBER DEN URSPRUNG DER BAUKUNST AUS DER NATUR. „Das Gehölz ist vom Besitzer mit kleinen geschmackvollen Parthien, einer Fischerey, Eremitagen von Bork, Bächen und Brücken von Baumzweigen versehen.“ (Hanbury 1797) „Hütten und Sitze, aus den Aesten der Bäume, welche sie beschatten, und dem in diesem Schatten wachsenden Moose zusammengesetzt; Ruheplätze, welche die Landschaft bezeichnen, auf welche man aufmerksam machen wollte, schienen ihm allein sich der Gattung anzupassen, welche die Engländer ornamented farm nennen.“ (Voght) Im diesem Ensemble aus Ackerbau und norddeutscher Landschaft wären die damals modischen „chinesischen Pagoden, altdeutschen Burgen, türkischen Bäder“ in der Tat Fremdkörper gewesen, besonders aber im alten Eichenwald.
Am nördlichen Ende des Gehölzes legte Voght eine Erdhöhle an mit einem hölzernen Eremiten. Am südlichen Ende zeigte eine aus Eichenstämmen, Ästen,Borke und Reet gezimmerte Freundschaftshütte ein Modell der „Ur-Hütte“, über die sich die Architektur-Theoretiker des Klassizismus Gedanken machten. (Weitere Varianten waren im Wald versteckt.)
Und wie konnte die „Ur-Brücke“ ausgesehen haben? War es ein über eine Schlucht gestürzter Baumstamm? (So jedenfalls beginnt das Brücken-Lehrprogramm in Wörlitz.) „Voght benutzte jede Zufälligkeit (...) einer zur Anlegung einer ländlichen Brücke geeigneten Vertiefung, dem Auge Abwechslung zu verschaffen, öffnete Durchsichten.“ (Poel) Das kleine Seitental mit dem Hohlweg durch das Gehölz bot sich an, um dem Wanderer den Charakter der Wald-Schlucht zu „verdeutlichen“.
Gleichzeitig galt es, den landwirtschaftlichen Betrieb nicht zu behindern. Das verlangte eine sehr hohe Brücke. „Der Weg führt auf eine Brücke über eine Schlucht, durch welche das Heu aus den Wiesen gefahren wird“, schreibt Voght. Ab 1900 zeigen Fotografien die Brücke. Eine Zeichnung von 1910 zeigt ihre naturnahe Konstruktion sehr deutlich.
„Rustic bridges“, „ländliche Brücken“ dieser Art („sylvan – zu teutsch :waldich“ nannte sie Voght 1794), sind vergänglich. Die „Hohe Brücke“ im Jenischpark wurde 150 Jahre lang immer wieder erneuert, in den 1930ern dann aber ganz entfernt. Eine private Spende ermöglichte 1997 einen – stark veränderten – Nachbau. 2015 wurde die Brücke komplett erneuert, mit einer Stahlkonstruktion, die mit Robinienästen verkleidet wurde.